Blinded by the »Du«

Wer um alles in der Welt schreibt Geschichten, in denen der Leser mit »Du« angesprochen wird? Dritt- und viertklassige Erotikliteraten sind es, aber ich werde mein Lebtag nicht verstehen, was der Zweck dahinter ist. Oder wer oder was das Vorbild dazu. Gibt es überhaupt eine einzige Zeile ernsthafter Literatur, in deren Erzählform der Leser mit »Du« angesprochen wird? Ich glaube kaum, sonst würde es einem beim Lesen ja nicht immer so sauer aufstoßen. In den Niederungen erster Gehversuche erotischer Geschichten ist das »Du« allerdings gang und gäbe.

nackter Mann liest in einem Buch
Ich kann gar nicht lesen, sieht aber gut aus

Ich habe dir gesagt, du sollst…
Du brichst das Eis schnell und …
Dein Blick fällt auf mich …
Und ja, ich will dich, …
Dein Becken reibt an meinem …
Ich gehe vor dir auf die Knie …

Damit ist auch klar, es handelt sich um Mommy-Porn, also den fünftausendsten Schades-of-Grey-Abklatsch. Der ja ohnehin schon im wahrsten Sinn unerträglich ist, aber dann noch in der Du-Form? Abartig, ehrlich. In dem Fall ist Mommy die, die es verfasst hat und damit leichtgläubige Männer (zum Lesen) verführen will. Dabei blendet sie aus, dass es ausschließlich die Männer lesen werden, die hoffen, bei ihr landen und einen Stich machen zu können. Schuld ist natürlich der Niedergang des Lesens im Allgemeinen. Liebe Männer: Die Frau will nicht vor euch auf die Knie gehen! Die schreibt das nur. Jedem, der es lesen will. Sie zu ficken könnt ihr knicken! Alles was ihr an der ficken könnt, ist ihr Ego, wenn überhaupt.
Ist der Du-Erzähler(sic!) ein Mann, beeindruckt er mit seinem Stil jene Frauen, denen in der Kindheit Enid Blyton schon deutlich zu intellektuell war. Sein Schreibstil ist so innovativ und variantenreich wie sein Sex. Also ungefähr auf dem Niveau eines Pantoffeltierchens. Teurer Anzug, Handschellen und Seidenschal, muhaha.

Ich habe nur mal ein bisschen recherchiert und muss feststellen, dass sich diese Du-Unsitte im Bereich Erotik weiter verbreitet hat, als ich annahm. Da firmieren bei FEM zehn Kurzgeschichten für Männer und Frauen, die meisten sind in dieser Form verfasst. Verfasst? Na ja, rausgerotzt könnte man auch sagen. Das ist u n e r t r ä g l i c h ! Leude! Es ist nicht nur schlechter Stil, es ist die völlige Abwesenheit jeglichen literarischen Stils. Und es ist übergriffig ohne Ende. Ich lese was von dir, ich will vielleicht gar nicht vor dir knien, schon mal daran gedacht? Oder dass du vor mir kniest. Das »Du« macht es nicht persönlicher oder intimer, das »Du« macht es nur schlechter. Ja! Noch schlechter, auch wenn es kaum möglich scheint.


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