[…]
Das muss aufhören, sage ich mir. Zurück im Hotel dämmert mir, die Zeit zu überstehen, wird schwerer als gedacht. Weil uns im Zimmer die Decke auf den Kopf fällt, gehen wir runter. Bedienung gibts nicht. Die anderen Gäste weihen uns ein. Die bösen Blicke auf Mailin sind Vergangenheit. Liegt am Pegel, glaube ich. Alle bedienen sich und schreiben auf, was sie bezahlen. Wollen. Asiaten vertragen keinen Alkohol, ist das nicht so? Ihnen fehlt ein Gen für den Alkoholabbau. Mailin weiß das nicht. Oder es ist ihr egal und jedes Mittel recht, die Nacht mit mir zu überstehen. Die Bemerkungen, die sie macht, scheinen normal. Wobei ich nicht sicher bin, ob ich betrunkenes von nüchternem Chinesisch unterscheiden kann. Immerhin hat sie zweimal gelächelt. Also betrunken. Ich bin müde und muss schlafen. Mailin ist einverstanden. Wahrscheinlich. Ich komme aus dem Bad, sie hat ein schwarzes T-Shirt an. Und vielleicht ein Höschen. Ich werde es heute nicht herausfinden. Wenn ich ins Bett gehe, erwarte ich einzuschlafen. Dauert es länger als zwei Minuten, werde ich nervös. Mailin kommt aus dem Bad, und legt sich neben mich. Wie hatte ich geglaubt, müde zu sein? Ich bin hellwach. Mailin vermutlich auch. Sie ist nicht betrunken genug, dass sie oder ihre Hand meine Nähe sucht. Ich bin zu nüchtern, und nicht skrupellos genug, um ihre zu suchen. Ich liege auf dem Rücken und sehe nach oben. Ein Sturm lässt die Bäume wackeln, die an unserer Decke und einer Wand ein chinesisches Schattentheater geben. Aufregung, Anstrengung, Adrenalin und Alkohol haben meinen Gast aus dem Fernen Osten geschafft. Sie schnarcht. Das Theaterstück kennt sie wohl schon.

Nach weiteren zwei Minuten bin ich versucht, ihr die Nase zuzuhalten. Ich verzichte, da es noch intimer ist als eine Hand auf ihrem Arsch. Ihre Nähe suche ich trotzdem und robbe an sie heran. In der Hoffnung auf eine zufällige Berührung in der Nacht oder am Morgen. So viel zu meinen Vergewaltigungsfantasien. Ich werde wach, lange nach Mitternacht und Mailin schnarcht immer noch. Unten brennt Licht und an der Bar sitzt das Mädchen vom Empfang. Sie hat eine dunkelbraune Flasche vor sich stehen. Sie sieht mich und fragt: »Auch ein Bier?«
Ich nicke und auf die Flasche deutend, die zwei oder drei Liter fasst, sage ich: »Das sieht nicht so aus, als wäre es für die Gäste. Was ist das?« »Vogelbräu, aus Ettlingen. Habe ich für eine kleine Feier am Wochenende gekauft. Hier ist es nur, weil ich es im großen Kühlschrank kaltstelle.«
»Die Feier kannste knicken, soviel ist mal sicher.« Ich hebe den Krug an und gieße mir ein Glas voll. Schöne Farbe. Sie zeigt auf ihr Glas. Ich bin großzügig, es ist schließlich ihr Bier. Sie heißt Constanze, ist keine Studentin und in drei Tagen hat sie einen Nervenzusammenbruch, spätestens. Bis auf ein Zimmermädchen haben sich alle verpisst. Ihr Chef wohnt außerhalb und Mitarbeiter, die in der Nähe wohnen, sind auf Tauchstation. Da gibt es nichts zu sagen, wir trinken. Der Krug ist leer und Constanze sieht nicht mehr aus, als würde sie gleich losheulen.
Zu mir oder zu dir? Wären wir nicht im Hotel, würde diese Frage demnächst wie ein rosa Elefant zwischen uns stehen. Wie man es dreht und wendet, man kann den rosa Elefanten nicht ignorieren. Falls man etwas anderes versucht, denkt man wieder an den rosa Elefanten als Sinnbild dafür, wo man es gleich treiben wird. Constanze weiß es. Ich weiß es. Wir wissen nicht, wer wen wo verführt, überrascht, überrumpelt. Wir wissen nur, dass wir werden. Sie rutscht vom Barhocker, knickt um, stolpert. Ich ahne und verhindere es. Natürlich. Sie lehnt einen kurzen, langen Moment an mir. Die Berührung ist lang genug, etwas zu wecken und zu kurz, etwas zu wünschen. »Wohin willst du?« Ich hoffe, dass sie nicht schlafen sagt, das fehlt mir noch nach dem Reinfall mit Mailin. »Hast du keinen Durst mehr? Ich will mehr Bier.«
Alter Schwede, was hatte Constanze vor? Wie viele Krüge es gibt? »Du zeigst mir, wo er steht, ich trage ihn.«
»Wieso, hast du Angst, dass ich ihn fallenlasse?«
Habe ich nicht. Constanze geht vor und öffnet die Tür zum Keller. Sie macht kein Licht. Kennt sich aus. Mir bleibt der grüne Schimmer der Notausgangslampen. Unten macht sie fünf Schritte und steht. Ich nicht, laufe in sie hinein. Absicht. Erst ihre, dann meine. Das Zwielicht ist unser Freund, die Hemmung ist weg. Es gibt Leute, die gut küssen. Und es gibt Constanze, die kann umarmen. Eine Umarmung mit Constanze wiegt mehr als mancher Fick. Wir begreifen einander. Körper erwärmen Hände schneller, als sie abkühlen. Haut, lange unberührt, sehnt und wölbt sich den Händen entgegen. Schwellkörper dehnen, Schleimhäute tropfen, Fingerkuppen vibrieren. Ich bin fahrig, ungeduldig, Constanze rettet ihre Bluse, ihre Knöpfe und legt ihre Brüste frei. Sie lässt mich spielen, macht drei Schritte weg und läuft um mich herum zur Treppe. Von oben ruft sie: »Bier gibt’s da unten keins!«
Ich steige ihr nach, Constanze wartet oben mit bebendem Busen. Die Bluse bleibt offen und weht hinter ihr, sie geht zum Kühlschrank. Sie macht ihn auf, steht daneben. Entscheide dich, Titten oder Bier? Beides, ich küsse die Brüste und greife den Krug. Ich hasse Entweder-oder.
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Kostprobe könnte man auch sagen. Sex, köstlich beschrieben, mit Charme, ohne Schirm, aber mit „Melonen“. 😉
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Absolut geiler Schreibstil.
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Phantastisch! So viel wie nötig – so knapp wie möglich.
Macht unbedingt Appetit und Lust auf mehr …
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Ich bin gerade dabei zu lecken. Das solltest du kennen, würde dir vielleicht gefallen, also die Beschreibung. Meiner Chinesin gefällt es, sie ist längst nicht mehr so spröde wie zu Beginn, dennoch längst nicht so gelöst wie andere an ihrer Stelle. Wie beschreibt man etwas, was man vielleicht 30 Jahre zuvor ausgelöst hat, zumal man nie darüber gesprochen hat?
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? Da kann ich leider nicht helfen -Schreiben ist nicht meine Königsdisziplin. Lecken schon eher😜und meine Schnecke ist darin die ungekrönte Kaiserin 👑
Der heutige „Ostereierhase“ -ein echtes Ausstellungsstück!!🥚🥚
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